Nachdem ich das Angebot als Resident Engineer nach Japan zu gehen, angenommen hatte, begannen wir alsbald mit den Vorbereitungen für diesen Auslandsaufenthalt. Diese Vorbereitungen waren sowohl fachlicher Art als auch sprachlicher Art. Daneben gehörten Berichte und Bücher über unser künftiges Gastland zur Pflichtlektüre.
Zur sprachlichen Ausbildung besuchten wir, d. h. meine Frau und ich, ca. drei Monate lang, dreimal wöchentlich für drei Stunden die Berlitz-Schule und glaubten, damit bestens gerüstet in das Land der aufgehenden Sonne zu ziehen. Ein Irrtum, welcher uns in Japan doch einige Frustrationen bescherte. Ich will damit nicht sagen, dass der Sprachkurs nicht erfolgreich war, sondern nur, dass die in diesem Kurs gelehrte Sprache nur sehr wenig mit der tatsächlich in Japan gesprochenen Sprache gemein hat. Eine gute Grundlage war der Kurs in jedem Fall, wenngleich die etwa 120 Stunden nicht genug waren, um auch nur eine einfache Unterhaltung zu führen. Einem Artikel in der „Japan Times“ nach, sind etwa 1.000 Lehrstunden zur Erlernung zumindest mittlerer Kenntnisse erforderlich. Um perfekt in Japanisch zu werden, sind etwa 4.000 Lehrstunden notwendig. Aufgrund des oftmals gestörten Verhältnisses, welches viele Ingenieure zu Sprachen besitzen, sollte man hier jedoch einen Zuschlag auf obige Zahlen gewähren.
In der Vorbereitungszeit haben wir alles, was nur im entferntesten mit Japan zu tun hatte, gierig verschlungen und uns eine gewisse Vorstellung über dieses Land und seine Bewohner aufgebaut, welche dann bei einem Vergleich mit der Wirklichkeit doch in vielen Bereichen revidiert werden mußte. Der Grund hierfür liegt meines Erachtens darin, dass die meisten der von Ausländern geschriebenen Bücher zum Thema Japan doch relativ alt sind und ein Land beschreiben, welches sich in den letzten Jahrzehnten gravierend geändert hat. Das in vielen Büchern dargestellte stille und traditionelle Japan habe ich nur vereinzelt angetroffen.
Nach dem, ohne größere Probleme von statten gegangenen Umzug und einem insgesamt mehr als I8-stündigen Flug, trafen wir am 8. September 1982 auf dem internationalen Flughafen von Tokyo in Narita ein. Hier machte ich dann die erste Bekanntschaft mit der japanischen Bürokratie, welche mich in den folgenden Jahren noch oftmals zum Schmunzeln und Weinen bringen sollte. Wenn man mit unbegleitetem Gepäck nach Japan einreist, muss man ein spezielles Formular ausfüllen und von dem Zollinspektor stempeln lassen. Vergisst man dies zu tun, muss man – um sein Gepäck zu erhalten -ein formelles Entschuldigungsschreiben an den Minister der Justiz richten, in welchem man verspricht, dieses Vergehen nie wieder zu begehen.
Insbesondere ist der japanische Zoll für Ausländer doch recht unproblematisch, wenn man sich an die Richtlinien hält. Interessant vielleicht zu erwähnen, dass es im Ermessen des Zollinspektors liegt, wieviel Zoll man für eine eingeführte Ware bezahlen muss. Er kann zwischen 0 und 25 % des Neupreises verlangen. Ebenso wie der Zoll war auch die Einwanderungsbehörde – zumindest bei der ersten Einreise nach Japan – kein Problem. Dies sollte sich jedoch bei späteren Reisen außerhalb Japans entscheidend ändern. So war z. B. für jede Wiedereinreise nach Japan ein sogenanntes „Reentry Permit“ notwendig, welches vor der Ausreise aus Japan beantragt werden mußte und zu dessen Erlangung insgesamt ca. 50 Stempel in verschiedene Dokumente und den Pass gedrückt wurden. Die Dauer der Prozedur war etwa 2 Stunden, die Kosten ungefähr 35,– DM und das Resultat ist ein nahezu voller Pass.
Eine andere ungewöhnliche Prozedur war für mich die Abgabe von Fingerabdrücken bei der Registrierung in Tokai-Mura. Hierzu sind alle Ausländer verpflichtet, welche länger als 3 Monate in Japan leben. Massiver Druck, insbesondere seitens der seit vielen Generationen in Japan lebenden etwa 300.000 Koreanern, führte kürzlich dazu, diese diskriminierende Prozedur etwas abzuwandeln. Seit Anfang dieses Jahres wird für den Fingerabdruck farblose Tinte verwendet und auch das früher notwendige Abrollen des Fingers ist nicht mehr erforderlich. Ausländern, welche sich dieser Prozedur widersetzt haben, wurde meist die Wiedereinreisegenehmigung bei einer Reise außerhalb Japans verweigert.