Wohnen und Einkaufen

Eines der größten und vorrangigsten Probleme, die sich zu Beginn eines Japanaufenthaltes für Ausländer stellen, ist, eine vernünftige Wohnung zu finden. In Tokyo und seinen Vororten scheint es noch relativ einfach zu sein, eine passende Wohnung zu finden, wenngleich die Mieten für nach westlichen Maßstäben ausgestattete Wohnungen selbst für Münchner Verhältnisse astronomisch sind. 3-Zimmer-Wohnungen mit durchschnittlichem Komfort kosten zwischen 4.000 und 8.000 DM pro Monat, Häuser mit guter Ausstattung sind kaum unter 10.000 DM in einer vernünftigen Lage zu erhalten. In Tokai-Mura ist es nahezu unmöglich, eine Wohnung bzw. ein Haus zu mieten, da hierfür einfach kein Markt vorhanden ist. Die wenigen Häuser, welche vermietet werden, sind meist in einem erbärmlichen Zustand und entsprechen in keiner Weise selbst geringen Ansprüchen.

Wir waren daher sehr froh, von unserem japanischen Arbeitgeber eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt zu bekommen und außerdem die erfreuliche Aussicht zu haben, später in eines der neu errichteten Häuser für Ausländer einzuziehen. Mein japanischer Arbeitgeber besitzt, wie übrigens jede größere Firma in Japan, Appartmenthäuser und sog. Dormitories, welche den Angestellten für ein geringes Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Auch die kurzzeitig beschäftigen Ausländer erhalten die Möglichkeit, in diese Häuser einzuziehen, falls gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. So darf z. B. in ein Haus nur einziehen, wer verheiratet ist. Junggesellen müssen in ein sog. Dormitory einziehen, von dessen Beschreibung ich hier absehen möchte. Da wir die notwendigen Voraussetzungen anscheinend mitbrachten, konnten wir nach kurzer Zeit in ein kleines Reihenhaus einziehen. Das Haus hatte im Parterre 2 Zimmer, eine Küche sowie Bad und WC. Im ersten Stock – welcher in Japan der zweite Stock ist – befanden sich zwei weitere Schlafräume. Insgesamt hatten diese 4 Zimmer, Küche, Bad und Vorräume nicht mehr als 40 qm Wohnfläche, was wohl nicht als extrem geräumig bezeichnet werden kann. Die beiden Zimmer im ersten Stock waren traditionell mit Tatamis (Reisstrohmatten), Shojis (Papierfenstern) und Fusumas (Papiertüren) ausgestattet. Insgesamt war das Raumangebot zwar nicht überwältigend groß, jedoch für zwei Personen ausreichend. Wie ich später feststellte, leben in denselben Häusern – manche sind sogar noch wesentlich kleiner – japanische Familien mit bis zu 8 Personen, was mir bis heute noch unverständlich ist.

Bei dem Haus war ein etwa 50 qm großer Garten, welcher wohl allen Vorstellungen, die man sich von japanischen Gärten macht, widersprach. Unkraut und subtropisches Gestrüpp von bis zu einem Meter Höhe machten zumindest anfänglich die Benutzung des Gartens unmöglich. Erst ein von uns engagierter Landwirt konnte den Urwald zumindest provisorisch beseitigen und uns das gefahrlose Betreten des Gartens möglich machen. Der Respekt vor den sich möglicherweise in dem Gestrüpp aufhaltenden Giftsschlagen mit Namen Mamuschi hatte dies vorher verboten.

All diese kleinen Unannehmlichkeiten konnten noch akzeptiert werden, nicht jedoch der im und um das Haus vorhandene Schmutz. Nicht nur, daß uns beim ersten Öffnen der Haustüre unangenehmer Modergeruch entgegenschlug, auch die gesamte Wohnung war in einem heruntergekommenen und schmutzigen Zustand. Eine vierzehntägige Reinigungskampagne brachte das Haus jedoch in einen halbwegs bewohnbaren Zustand. Ein Problem jedoch war trotz erheblicher Anstrengungen kaum zu beseitigen, nämlich die sich im Haus eingenisteten Tierchen von unendlicher Vielfalt loszuwerden. Die Aussicht, nach kurzer Zeit in ein neues Haus umzuziehen, machte es jedoch etwas leichter, solche Dinge zu ignorieren.

Etwa zwei Monate nach unserer Ankunft in Japan konnten wir in eines der neuen Häuser für Ausländer einziehen, welche am Rande der Siedlung errichtet wurden. Einer der wesentlichen Gründe für die Bereitstellung von für japanische Verhältnisse besonders gut ausgestatteten Häuser für Ausländer war die Tatsache, daß es zunehmend schwieriger wurde, Leute für eine Abstellung zu meinen japanischen Arbeitgeber zu finden. Weiterhin war auch von Bedeutung, daß viele Firmen, zu denen Mitarbeiter abgestellt werden, für diese Wohnungen mit zum Teil recht hohem Ausstattungsstandard bereitstellen

Jedes der insgesamt 6 Häuser in dem Ausländerviertel besitzt etwa 65 – 70 qm Wohnfläche. Die Häuser sind üblicherweise möbliert und mit den notwendigsten Haushaltsgeräten wie Staubsauger, Waschmaschine, Herd und Kühlschrank ausgestattet. Insbesondere die Funktionsweise der Waschmaschine ist erwähnenswert, wenn man bedenkt, daß Japan eines der führenden Länder der Welt in der Elektronik ist. Die – keineswegs alte oder unübliche – Waschmaschine besaß ein Fassungsvermögen von maximal 2 kg und war vollständig manuell. Zu jedem Wasch-und Spülgang mußte das Wasser mit einem Eimer eingefüllt und danach wieder ausgelassen werden. Meines Erachtens zeigt dieses und andere kleine Beispiele sehr deutlich, welche Bereiche der Technik für wichtig angesehen werden und in welche sehr viel Geld und Wissen investiert wird. Solche Bereiche sind z. B. die Unterhaltungselektronik, Industrieroboter und die Automobilindustrie. Zu diesen privilegierten Bereichen zählt jedoch keineswegs der Haushalt, da dieser im Aufgabenbereich der in Japan nach wie vor stark diskriminierten Frau liegt. Erwähnenswert auch die weitverbreiteten Kerosinöfen, welche zwar ein gigantischer Schritt vorwärts gegenüber den Hibachi-Holzkohleöfen sind, jedoch wohl nicht unseren Vorstellungen eines Heizsystems entsprechen.

Diese Kerosinöfen verbrennen mit einem Katalysator Kerosin, wobei die entstehenden Rauchgase in den zu heizenden Raum entlassen werden. Diese Methode ist zwar unerhört effizient, jedoch auch recht gefährlich, da es leicht zu Vergiftungserscheinungen kommen kann. Jedenfalls mußte man immer ein Fenster geöffnet halten, wenn man den Ofen benutzte.

Die Häuser, in die wir einzogen, besitzen kombinierte Heiz/Klimageräte, welche zumindest im Sommer ihren Zweck erfüllen. Im Winter konnte man nur durch den Gebrauch von zusätzlichen Heizgeräten eine halbwegs erträgliche Raumtemperatur in den kaum isolierten Häusern aufrechterhalten, was sich jedoch auch in recht ansehnlichen Stromrechnungen von bis zu 500 DM/Monat niederschlug.

Einkaufen in Japan ist – speziell in Tokyo – kein Problem, wenn man sich einmal an die verhältnismäßig hohen Preise in diesem Land gewöhnt hat. In Tokai-Mura ist es zwar schwierig bzw. unmöglich, spezielle Dinge zu erhalten; die nächsten größeren Städte mit Deparmentstores und großen Supermärkten sind jedoch nicht allzu weit entfernt. Dinge für den täglichen Bedarf, insbesondere Grundnahrungsmittel, kann man ohne Probleme in Tokai finden, falls man seine Eßgewohnheiten ein wenig denen des Landes anpaßt.

Bei Lebensmitteln ist die große Vielfalt von Fischen und Gemüsen zu erwähnen, welche auch qualitativ gut und immer sehr frisch sind, Auch Obst kann man in ausreichender Vielfalt finden, wobei die Preise für manche Früchte jedoch manchmal fast unglaublich sind. So kostet z. B. eine Honigmelone bis zu 100 DM, ein Apfel – fein säuberlich verpackt – kann schon einmal 7 DM kosten. Den absolut höchsten Preis bei Obst habe ich in diesem Juni für eine sehr schon als Geschenk hergerichteten Schachtel mit etwa 40 Kirschen gesehen. Sie kostete umgerechnet 72 DM!

Fleisch ist in Japan ohne Probleme zu erhalten, wenngleich auch hier für spezielle Sorten unglaubliche Preise verlangt und bezahlt werden. Während die Preise für Schweinefleisch und Geflügel noch in einem erträglichen Maße liegen, kann ein ausgesuchtes Stück Kobe Beef schon 500 – 600 DM/kg kosten.

Nach meinem Dafürhalten sind die Preise für Lebensmittel im Durchschnitt etwa doppelt so hoch wie in Deutschland, wobei importierte Waren schon einmal 4 bis 5mal teurer sein können als im Ursprungsland. Aus diesen Gründen reißt ein Besuch in einem der internationalen Supermärkte in Tokyo jedesmal ein gewaltiges Loch in das Monatsbudget. Beim Kauf von Fisch und anderen Meeresfrüchten sieht es dagegen etwas anders aus. Üblicherweise sind die Preise hier kleiner bzw. gleich denen in den küstennahen Regionen Deutschlands.

Ein weiterer Bereich des Einkaufens ist Kleidung. Obwohl ich eine zumindest in Deutschland recht typische Konfektionsfigur habe, konnte ich Japan nur vereinzelt Kleidung kaufen, da die durchschnittlichen Konfektionsfiguren der Japaner doch sehr verschieden sind. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Kauf von Hemden, deren Ärmel – falls der Kragen die richtige Größe hat – doch erheblich zu kurz sind. Auch für meine Frau war es extrem schwierig, etwas Passendes zu finden. Übergrößen – für japanische Verhältnisse sind jedoch in einigen Kaufhäusern in Tokyo zu erhalten.

Viele Touristen glauben, wenn sie nach Japan kommen, in einem der bekannten Viertel, wie Akihabara für Electronic bzw. Shinjuku für Kameras, preisgünstig einkaufen zu können. Ich kann vor solchen Illusionen nur warnen und jedem, der sich mit diesem Gedanken trägt, davon abraten. Sicherlich wird er nach längerem Suchen ein preiswertes Gerät finden. Meist jedoch wird man nur eine in Japan gültige Garantie erhalten, welche eventuelle Probleme mit dem Gerät sehr teuer machen. Leider mußte ich mit technischen Geräten in Japan sehr schlechte Erfahrungen machen, welche übrigens von den meisten der in Tokai lebenden Ausländer bestätigt werden. Es scheint, als ob die Qualitätssicherung für Exportwaren sehr viel strikter ist, als für Waren für den Inlandsmarkt.

Auch beim Kauf von elektronischen bzw. photografischen Geräten fallen die unglaublichen Preise für importierte Ware auf. Es ist schon erstaunlich, in Deutschland für eine japanische Kamera etwa das gleiche wie in Japan bezahlen zu müssen, während der Preis für eine deutsche Kamera in Japan etwa doppelt so hoch wie in Deutschland ist.

Spricht man Japaner auf diese Diskrepanz an, so erntet man meist nur ein verlegenes Lachen. Einmal erhielt ich auf diese Frage als Antwort, daß die Qualität der deutschen Produkte sehr hoch ist und, um dieses dem Käufer zu verdeutlichen, ist es notwendig, die Ware sehr teuer anzubieten. Eine Begründung, welche im ersten Moment für westliche Begriffe an den Haaren herbeigezogen scheint, jedoch auch die Kaufgewohnheiten der Japaner verdeutlicht. Eine namhafte Whiskeymarke mußte dies erfahren, als sie die Preise für ihr Produkt um einen erheblichen Prozentsatz senkte, was einen mengenmäßigen Verkaufsrückgang um ca. 1/3 bewirkte. Der Preis für den Whiskey hatte den üblichen Preis für ein Geschenk unterschritten .

Von den Duty Free Shops der Flughäfen kennt man die Japaner als mit gewaltigen Mengen von Spirituosen beladene Reisende. Dies wird verständlich, wenn man die Preise für dergleichen Produkte in Japan kennt. Beispiel sei eine 0.7 l Flasche Cognac der Marke Remy Martin, welche in Japan derzeit etwa 150 DM kostet.